Es war einmal …
… ein reicher Kaufmann, der wollte seiner Kundschaft imponieren und daher ein großes Fest geben. So ging er in eine Konditorei, bestaunte die wunderschönen Auslagen und lobte den Konditormeister für seine Handwerkskunst. Er fragte den Konditor, ob dieser in der Lage sei, ihm etwas ganz Besonderes für ein rauschendes Fest mit vielen Gästen zu kreieren. „Selbstverständlich“, erwiderte der Konditor „sehr gerne backen wir eigens für Sie etwas, das zu Ihnen passt und womit Sie Ihre Kundschaft vollauf beeindrucken können.“ Der Kaufmann äußerte seine individuellen Wünsche und ein paar exklusive Zutaten, die Verwendung finden sollten, und er betonte abermals, dass er damit unbedingt beeindrucken möchte. Am Ende des Gesprächs fügte er noch an, dass er selbstverständlich erst einen Auftrag vergeben werde, wenn er das Ergebnis kenne und sicher sei, dass es ihm auch schmecke.
Der Meister überlegte. Er war bereits voller Ideen für diesen Auftrag und war sich sicher, dem Kaufmann entsprechend dessen Wunschliste eine hervorragende Backware liefern zu können. So sprach er mit seiner Frau und gemeinsam entschieden Sie, den Kaufmann schon überzeugen zu können. Der Konditor stand vier Tage und vier Nächte in der Backstube, probierte dies, verrührte das – und ließ all seine handwerklichen Fähigkeiten, die er während seiner harten Ausbildung erlernt hatte, einfließen. Er nahm nur die besten Zutaten, ließ immer wieder abschmecken, fing von vorne an, wenn er der Meinung war, dieser Geschmack passe nicht zum Kunden – kurz: Er widmete all seine Zeit dem großen Fest des reichen Kaufmanns. Am fünften Tag nun war es endlich soweit: In den frühen Morgenstunden kam er zum Schluss, es könne kein passenderes Gebäck für das Fest des Kunden geben, als jenes, was er grade aus dem Ofen holte.
Er bestellte den Kaufmann in seine Backstube und servierte das Ergebnis voller Stolz auf seinem besten Teller mit einer schönen Tasse frisch aufgebrühtem Kaffee. Der Kaufmann probierte und war voll des Lobes. „Sehr köstlich haben Sie gebacken, Konditormeister, wirklich sehr köstlich …“
Der Meister freute sich über das Lob und war sicher, seine harte Arbeit würde sich nun auszahlen. Schließlich hat er allen Wünschen des Kunden entsprochen und ihn mit seinem Werk überzeugt. Dann aber führte der Kaufmann fort: „… jedoch hat der Bäcker in der großen Stadt auch etwas geschaffen, genau wie die Frau des Metzgers im Nachbardorf. Letztere arbeitet zwar nicht so präzise und filigran, sie verwendet auch nicht die feinsten Zutaten, aber man bekommt mit ihren Backwaren die Gäste satt und sie verlangt nur einen Bruchteil von dem, was Sie verlangen, lieber Konditormeister. Daher kann ich Ihnen den Auftrag nicht geben.“ Sprach’s und verließ die Backstube.
Nun verging dem Bäcker seine Freude, denn nicht nur, dass er viele Zutaten und viel Zeit verschwendet hat – er hat auch kein Geld verdient und sein Tagesgeschäft und seine treuen Stammkunden, für die er sonst immer ein freundliches Wort hatte, vernachlässigt.
Kurz darauf kam der Tag, an dem der Müller sein Geld für das Mehl haben wollte und der Bauer sein Entgelt für Milch und Eier. Der Konditor schaute in sein Geldsäckel und stellte fest, dass es nicht reichen würde. Er hatte zu lange ohne Entlohnung gearbeitet und konnte seine Schuld nun nicht begleichen. Er bekam keine neue Ware mehr und musste trotz hervorragender Leistung schließen.
Und wenn er nicht gestorben ist …
Unsere Moral dieser Geschicht: unmoralische Wettbewerbe rentieren sich nicht!
Liebe Auftraggeber, bitte berücksichtigen Sie (im Sinne aller Agenturen), dass die Teilnahme an Pitches nur wirtschaftlich sein kann, wenn es eine faire Chance gibt, auch zu gewinnen. Dafür sollte Folgendes gewährleistet sein: Ein aussagekräftiges Briefing, ein angemessenes Verhältnis von Pitch-Aufwand zum zu vergebenen Projekt/Etat, eine überschaubare, kommunizierte Teilnehmerzahl, eine absolut ergebnisoffene Durchführung und ein angemessenes Präsentations-Honorar.
Wir danken es mit tollen Entwürfen!